Die Operngeschichte im geographischen Gebiet des heutigen Bayern ist eine Geschichte vielfältiger Praktiken, die in dieser Tagung unter den Begriffen der Adaption, Übersetzung oder „Bavarisierung“ diskutiert werden sollen. In den 1650er Jahren etablierte der Münchner Hof als einer der ersten einen gewichtigen italienischen Opernbetrieb nördlich der Alpen, Wandertruppen bereisten insbesondere im 18. Jahrhundert zahlreiche Spielorte mit verschiedensprachigem Repertoire und zunehmend wurde internationales Opernrepertoire in deutscher Sprache gesungen. Phänomene wie der Opernbetrieb Wilhelmine von Bayreuths, die französische Textbücher schrieb, sie auf italienisch vertonen und verschiedensprachige Textbücher (ital./frz. und ital./dt.) drucken ließ, die Neuvertonungen französischer Libretti durch bayerische Musiker wie den Hofkapellmeister Franz Lachner (Catarina Cornaro, Benvenuto Cellini) oder die Bearbeitungen italienischer Barockopern durch Carl Orff zeigen, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Anpassungsprozesse zu beobachten sind. Sie reichen bis zu Opernbearbeitungen und -parodien in bayerischer Mundart.
Die Tagung möchte vor dem Hintergrund dieser historischen Vielfalt folgende Fragen diskutieren: Welche Praktiken der Übersetzung und Mehrsprachigkeit sind in welchem historischen Zeitraum anzutreffen und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihnen für die musikalisch-szenische Umsetzung? Was sind die Strategien und aufführungspraktischen Implikationen verschiedener Adaptionsmöglichkeiten? Welche Formen der Spielplangestaltung sind an welchen Orten in Bayern wann präsent? Wie erfolgt die Bearbeitung von unterschiedlichem Repertoire (bspw. französischen oder italienischen Opern) für lokale Produktionsbedingungen, etwa hinsichtlich des zur Verfügung stehenden Gesangspersonals und Orchesters? Wenn man davon ausgeht, dass die aktualisierenden Veränderungen auch dazu dienten, Stücke für bestimmte Zielgruppen besser rezipierbar zu machen: Können aus Aspekten der Adaption spezifische Rezeptionsgewohnheiten des jeweils intendierten Publikums abgeleitet werden? In welchen Kontexten kann von einer „Bavarisierung“ als spezifisch regionaler Anpassung unterschiedlicher Repertoires gesprochen werden?
Bitte übermitteln Sie Ihren Themenvorschlag in Form eines Abstracts von ca. 250 Wörtern bis zum 31. Mai 2025 an werr@gfbm-online.de und kordula.knaus@uni-bayreuth.de. Die Reise- und Aufenthaltskosten der Vortragenden werden bezuschusst.
Eine Veranstaltung der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte in Kooperation mit der Universität Bayreuth und dem Orff-Zentrum München
Konzeption: Prof. Dr. Kordula Knaus (Universität Bayreuth) und PD Dr. Sebastian Werr (Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte)