BioSphere – TechnoSphere: Music and Sound Beyond the Human

Die zeitgenössischen populären Musiken finden sich in der so genannten Technosphäre wieder. Wichtige Entwicklungen in den Musiken, insbesondere in den populären Musiken (sowohl im Globalen Norden als auch im Globalen Süden), wurden durch die Digitalisierung verursacht und beschleunigt, die die digitale Produktion, Distribution und Rezeption von Musik umfasst. Produktion und Vertrieb haben somit einen umfassenden Demokratisierungsprozess durchlaufen, der durch die Entwicklung und Zugänglichkeit kostengünstiger digitaler Produktionsmittel und die Etablierung der Streaming-Technologie ermöglicht wurde. Letzteres Phänomen hat durch die permanente Speicherung digitaler Audiodateien auf webbasierten Plattformen zu einer Veränderung (oder gar zum Verschwinden?) der Kanonisierungsprozesse von Musik geführt. Darüber hinaus haben Recycling und Re-Framing von bereits existierender Musik durch die Digitalisierung dynamisch zugenommen. Zu den kritischen Aspekten dieser Entwicklungen gehören Fragen des Urheberrechts, der Ethik der Aneignung sowie die Dimensionen und Folgen der De- und Rekontextualisierung durch Sampling. Zu fragen ist, wie sich Hörerfahrungen und Rezeptionsverhalten durch die Allgegenwärtigkeit von Musikstreaming verändert haben und verändern. Was bedeutet das für die Entwicklung des Musikgeschmacks? Und mindert der inflationäre Konsum von gestreamten Musiken die Sinnlichkeit des musikalischen Erlebens?

Musiken im Anthropozän können und sollten jedoch nicht als eine Praxis, ein Verhalten oder ein Produkt betrachtet werden, das nur der Technosphäre angehört. Die schwerwiegenden ökologischen Krisen des frühen 21. Jahrhunderts, darunter der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt (das sogenannte sechste Artensterben), haben Künstler*innen und Wissenschaftler*innnen daran erinnert, dass die Systeme der Erde eine Rolle spielen und dass Technosphäre und Biosphäre nicht mehr als getrennte, sondern als eng miteinander verbundene Bereiche betrachtet werden können (vgl. Haraway 2016, Latour 2017).

Die Akzeptanz dieser Verflechtungen zwischen Technik und organischer Welt fordert ein neues politisches Verhalten, ein anderes Machtgefälle sowie ethische Zugänge, um den Anthropozentrismus in Frage zu stellen. Dies ist offensichtlich eine Herausforderung, die die Musikwissenschaft mit den Geisteswissenschaften im Allgemeinen teilt: Musik und Klang als Emanationen westlicher demokratischer Gesellschaften wurden traditionell als einzigartig menschlich angesehen. In jüngster Zeit haben jedoch mehrere Faktoren dazu beigetragen, dass sich diese Sichtweise zu einem stärker integrierten Ansatz gewandelt hat, der die Einbeziehung von Akteur*innen jenseits des Menschlichen betont. Zu diesen Faktoren gehören die Digitalisierung, insbesondere der Aufstieg der künstlichen Intelligenz, aber auch ökologische Krisen wie der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt (der seinen Höhepunkt im derzeitigen sechsten Artensterben findet).

Folglich sind Biosphäre und Technosphäre im Anthropozän nicht mehr kategorisch voneinander getrennt. Die Ko-Kreativität in Musik und Klang erstreckt sich auf andere biologische Arten sowie auf künstliche Akteure. In jüngster Zeit hat die Musikwissenschaft bereits Konzepte entwickelt, die auch übermenschliche Kontexte berücksichtigen, z. B. Zoomusicology, Ecomusicology und AI Music Studies.

+++ ENGLISH VERSION +++

Contemporary popular musics realize themselves in what has been called the technosphere. Major developments in musics, especially popular musics (from the Global North as well as from the Global South), have been caused and accelerated by digitalization, encompassing digital production, distribution and reception of music. Production and distribution have thus undergone a broad democratization process that has been enabled by the development and accessibility of inexpensive digital production tools and the establishment of streaming technology. The latter phenomenon, through the permanent storage of digital audio files in web-based platforms, has led to the change (or even disappearance?) of music canonization processes. Moreover, recycling and re-framing of preexistent music have dynamically increased through digitalization. Critical aspects of these developments include questions of copyright, the ethics of appropriation, and the dimensions and consequences of sampling-based de-contextualization and re-contextualization. And we have to ask how listening experiences and reception behavior change because of the ubiquity of streaming music. What does it mean for the development of musical taste? And does inflationary consumption of streamed musics lower the sensuality of musical experience?

However, musics in the Anthropocene can and should not be seen as a practice, behavior or product belonging exclusively to the technosphere. The severe ecological crises of the early 21st century, including climate change and biodiversity loss (the so-called sixth extinction), have reminded artists, scientists and scholars that earth systems play a central role and that technosphere and biosphere are not categorically separate, but can be seen as entangled domains (cf. Haraway 2016, Latour 2017).

The acceptance of these entanglements between technology and the organic world demands a new political behavior, a change in power hierarchies, and new ethical approaches to put anthropocentrism in question. This is obviously a challenge musicology shares with the humanities in general: Music and sound as emanations of Western democratic societies have traditionally been seen as uniquely human. However, several factors recently have contributed to the transformation of this view into a more integrated approach, emphasizing the inclusion of actors beyond the human. Among these contributing factors are digitalization, especially the rise of artificial intelligence, but also ecological crises like climate change and biodiversity loss (culminating in the ongoing sixth extinction).

Consequently, in the Anthropocene biosphere and technosphere are no longer categorically distinct. Co-creativity in music and sound extends to other biological species as well as to artificial actors. Recently, musicology has already developed concepts that take in account more-than-human settings, e.g. zoomusicology, ecomusicology, and AI music studies.

This conference aims to contribute to this ongoing development, and to put special emphasis on the ethical and political dimensions that come into play in regard of other-than-human creativity and aesthetics. Submissions from all musicological (sub-)disciplines are welcome, as well as from the music-related domains in neighboring scholarly and scientific disciplines and in interdisciplinary fields like human-animal studies, critical animal studies, critical plant studies, multispecies ethnography, and AI music studies.

 

 

Die Konferenz möchte einen Beitrag zu dieser Entwicklung leisten und einen besonderen Schwerpunkt auf die ethischen und politischen Dimensionen legen, die im Zusammenhang mit der Kreativität und Ästhetik von Menschen ins Spiel kommen. Beiträge aus allen musikwissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen sind willkommen, ebenso wie aus musikbezogenen Bereichen benachbarter wissenschaftlicher Disziplinen und aus interdisziplinären Bereichen wie Human-Animal Studies, Critical Animal Studies, Critical Plant Studies, Multispecies Ethnography und AI Music Studies.

 

Presentation formats/Präsentationsformate:

Paper presentations/Vorträge (30 min. + 15 min. Q & A)

Poster presentations/Posterpräsentationen

Project presentations/Projektpräsentationen (digital screen presentations, slideshow or short video, max. 5 minutes)

Conference languages/Konferenzsprachen: English/Deutsch.

Deadline for proposals/Beitragseinreichungen bis: 15th March/15.3.2025:

Abstract: max. 300 words

CV: max. 200 words

To/An: Yvonne Wasserloos (yvonne.wasserloos@moz.ac.at) & Martin Ullrich (martin.ullrich@hfm-nuernberg.de)

You will receive notification until/Sie erhalten eine Benachrichtigung bis: 01 April 2025.

 

We are planning to publish an edited volume (English/German, Vandenhoeck & Ruprecht) and ask for submission of the finished papers until 15 August 2025.

Wir planen die Veröffentlichung eines Sammelbands (Englisch/Deutsch, Vandenhoeck & Ruprecht) und bitten um Einreichung der fertigen Beiträge bis 15. August 2025.

 

Call for Papers

Typ: Veranstaltung

BioSphere – TechnoSphere: Music and Sound Beyond the Human

Veranstalter*innen:
Prof. Dr. Yvonne Wasserloos & Prof. Dr. Martin Ullrich

Deadline:
15.03.2025

Universität Mozarteum Salzburg

15.05.2025

bis 17.05.2025