Deutsch-Französisches Symposion „Wolfgang Rihm und Antonin Artaud“

Saarbrücken, 21.-22.04.2012

Von Viviane Waschbüsch, Saarbrücken – 23.02.2013 | Aus Anlass des 60. Geburtstags des Komponisten Wolfgang Rihm veranstaltete das Institut für Musikwissenschaft der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit dem Institut Français Saarbrücken und dem Frankreichzentrum der Universität eine deutsch-französische Tagung über Wolfgang Rihm und Antonin Artaud. Die Veranstaltung fand in Anwesenheit des Komponisten vom 21. bis 22. April 2012 auf dem Campus der Universität des Saarlandes statt und beschäftige sich am Beispiel Rihms mit den vielseitigen Wechselbeziehungen zwischen zeitgenössischer Komposition und Theatertheorie. Um die problemlose Verständigung in den beiden Sprachen zu ermöglichen, wurden die Vorträge und die daran anknüpfenden Diskussionen simultan übersetzt.

Nach der Begrüßung durch den Universitätspräsidenten Volker Linneweber und den Leiter des Saarbrücker Instituts für Musikwissenschaft Rainer Kleinertz wurde die Tagung mit einem Vortrag von Eleonore Büning (FAZ Berlin) eröffnet, die gerade die erste Biographie des Komponisten veröffentlicht hat. Ihr Vortrag mit dem Titel „‚Das ist mit Blut geschrieben‘“: Wolfgang Rihm und seine Lehrer“ führte in die Thematik und das Leben Rihms ein und stellte Komponisten vor, die ihn in jungen Jahren prägten. Der Vortrag brachte neue Erkenntnisse, die den Werdegang des Komponisten in vielen Aspekten erhellten und einen sehr genauen und persönlichen Einblick in das Leben und Schaffen von Wolfgang Rihm ermöglichten. Die Anwesenheit des Komponisten während der gesamten Veranstaltung und seine rege Beteiligung an der Diskussion verlieh der Tagung eine besondere Aura. Ivanca Stoianova (Université Paris 8) verglich in Ihrem Referat „Wolfgang Rihm: deux découvertes du Mexique d’après Antonin Artaud: Tutuguri et Die Eroberung von Mexico“ zwei wesentliche Werke aus Rihms Schaffensphase mit Artaud-Texten. Stoianova ging detailliert auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Werke ein und analysierte die unterschiedliche Auslegung der Artaud-Texte in beiden Werken. Der Vortrag von Viviane Waschbüsch (Universität des Saarlandes) widmete sich dem Zentralwerk der Rihmschen Artaud-Schaffensphase, dem Musiktheater „Die Eroberung von Mexico“. Gegenstand des Vortrags war die Auswertung der Skizzen des Werkes, anhand derer die Genese des musikalischen Werkes und des Librettos von „Die Eroberung von Mexico“ analysiert wurden. Unter dem Titel „Artaud et la musique“ entwarf Jean-Jacques Velly (Université Paris-Sorbonne) ein umfassendes Panorama des Themas. Er stellte diverse musikalische Herangehensweisen von Komponisten an die Konzepte von Artaud vor. Siegfried Mauser (Hochschule für Musik und Theater München) widmete sich der Frage der Genese und Entwicklung des Werkes „Tutuguri“ unter dem Titel: „Vom Hörspiel zum Tanzspiel: Artauds und Rihms Tutuguri“. Das musikalische Zentrum der Tagung war die Premiere des Musiktheaters „Die Eroberung von Mexico“ von Wolfgang Rihm im Saarländischen Staatstheater.

Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Marc Battier (Université Paris-Sorbonne) über die Präsenz der Artaudschen Theorien im zeitgenössischen elektroakustischen Repertoire. Damit wurde die Tagung inhaltlich erweitert und die starken Bezüge der Artaudschen Ideen zur gesamten zeitgenössischen Musik beleuchtet. Im abschließenden Vortrag stellte Hans-Peter Jahn (SWR Stuttgart) einen bemerkenswerten Ansatz vor: „Artaud ... überall – Zum Begriff der Grausamkeit in Wolfgang Rihms Musik“. Jahn definierte diverse Formen der Grausamkeit und typologisierte diese in Bezug auf das Schaffen von Wolfgang Rihm. Dieser Beitrag regte zu einer lebhaften Abschlussdiskussion zwischen Wolfgang Rihm, den Referenten und den zahlreichen Zuhörern der Tagung an.

Letzter Veranstaltungspunkt war ein Gesprächskonzert mit Klavierwerken von Wolfgang Rihm, in dem der Pianist Siegfried Mauser im Austausch mit dem Komponisten dem Publikum zentrale Aspekte des Rihmschen Klavierschaffens erschloss. Das Konzert stand unter dem Titel: „Beziehungszauber und Ausdrucksradikalität: Klaviermusik von Wolfgang Rihm“. Die Vorträge und die Diskussion werden in der Reihe Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft veröffentlicht.