Typisch Deutsch – (Eigen)Sichten auf populäre Musik in diesem unserem Land (24. Arbeitstagung des ASPM)

Gießen, 22.-24.11.2013

Von André Rottgeri, Passau – 01.03.2014 | Unter dem Titel Typisch Deutsch – (Eigen)Sichten auf populäre Musik in diesem unseren Land fand vom 22.–24. November 2013 am Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik der Justus-Liebig-Universität in Gießen die 24. Arbeitstagung des ASPM (Arbeitskreis Studium Populärer Musik e.V.) statt. Zu dieser jährlichen Veranstaltung trafen sich diesmal circa 80 Teilnehmer und Referenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, um im Rahmen von 27 Vorträgen das Tagungsthema und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich der Popularmusikforschung zu diskutieren. Eröffnet wurde das Konferenzprogramm durch die Dekanin Claudia Bullerjahn und den Vortrag („Typisch deutsche“ populäre Musik heute – Eine Einführung) von Thomas Phleps, der damit eine aktuelle Betrachtung zur deutschen Popmusikszene präsentierte. Phleps’ leicht ironischer Blick auf die deutschen Charts der vergangenen Jahren, die er teilweise als „peinlich“ (z.B. Udo Lindenberg) und überaltert („Die Charts vergreisen“) bezeichnete, konnte als Anstoß für lebhafte Diskussionen verstanden werden. In Bezug auf das Tagungsmotto wurden Fragen zur deutschen Identität zunächst im Referat von Alenka Barber-Kersovan aufgeworfen, die sich intensiv mit der slowenischen Band Laibach auseinandersetzte (Laibachs Germania oder Wie deutsch ist die Neue Slowenische Kunst?). Thorsten Hindrichs’ Vortrag (Heimattreue Patrioten und das „Land der Vollidioten“ – Von der Grauzone, zur neuen deutschen Volksmusik?) widmete sich anschließend dem Diskurs um die Südtiroler Band Frei.Wild, die – laut Hindrichs – unter anderem eine Marktlücke füllt, die sich nach der Auflösung der Frankfurter Gruppe Böhse Onkelz aufgetan hat. Diese Band wiederum wurde von Dietmar Elflein genauer untersucht, der die Gruppe in seinen Beitrag (Die Onkelz gegen den Rest der Welt. Repräsentationen von Männlichkeit im Deutsch Rock) dem Musiker Marius Müller Westernhagen gegenüberstellte.

Ein weiteres Phänomen, das viel mediale Aufmerksamkeit erhalten hat, sind die Crossover-Projekte von Heino (u.a. ein gemeinsamer Auftritt mit Rammstein in Wacken), die René-Marius Westfehling thematisierte („Junge, warum hast du nichts gelernt?“ – Wenn Heino, Rammstein und Die Ärzte eine ungeahnt ähnliche Sprache sprechen...). Ekkehard Jost hingegen ging in seiner Keynote der Frage nach, was an Musik eigentlich typisch Deutsch sein könne, und unternahm den Versuch den Begriff „Typisch“ sinnvoll durch einen anderen zu ersetzen. Weitere Referate zum Tagungsthema widmeten sich sowohl dem „Bürgerlichen“ in der deutschen Popmusik (Barbara Hornberger), sowie dem Begriff „Hausmusik“ (Mechthild von Schoenebeck) als auch der deutschen „Volksmusik“ (Eckhard John). Erfreulicherweise konnte mit Christiane Wiesenfeldt diesmal auch eine Vertreterin der historischen Musikwissenschaft gewonnen werden, die sich mit dem ambivalenten Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur eigenen Techno-Kultur auseinandersetzte. Dies deutet darauf hin, dass die Phänomene und Genres der „populären Musik“ mittlerweile auch von der historischen Musikwissenschaft „in diesem unseren Land“ sehr genau wahrgenommen werden. Neben den zahlreichen Vorträgen zum Tagungsthema waren auf der Konferenz aber auch diesmal wieder einige „Freie Beiträge“ zu hören, in denen aktuelle Forschungsprojekte und deren Ergebnisse vorgestellt wurden, die sich nicht unbedingt auf das Thema der Arbeitstagung bezogen. Neu war auch, dass diese Vorträge nicht nur auf den Sonntag beschränkt blieben, sondern an allen drei Tagen parallel zu den Tagungsbeiträgen gehört werden konnten. In diese Reihe gehörte zum Beispiel die Präsentation von Immanuel Brockhaus und Bernhard Weber mit dem Titel Untersuchungen zur subjektiven Wahrnehmung und Bewertung digitaler Schnittmuster in der Popularmusik: Ein Vergleich zwischen Laien und Experten. Darüber hinaus wurde auf der Mitgliederversammlung vorgeschlagen den Verein ASPM – u.a. zur besseren sprachlichen Abgrenzung – in „Gesellschaft für Popularmusikforschung (GfPM)“ umzubenennen, was zu Beginn des Jahres 2014 auch umgesetzt wurde. Es handelte sich bei dieser Konferenz in Gießen somit um die letzte Arbeitstagung des Verbandes, die unter dem Namen ASPM stattfand.