Dokumente zur Geschichte der GfM
- Einführung von Tobias Robert Klein (Berlin)
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Zu den institutionellen Schauplätzen und Spielfeldern, auf denen Forscherinnen und Forscher die Gegenstände und Methoden ihrer Disziplin verhandeln, gehören auch die gegenüber Hochschulen, Forschungsinstituten oder Akademien bisweilen etwas vernachlässigten wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Die vor nunmehr 75 Jahren in Kiel 1947 gegründete Gesellschaft für Musikforschung bildet hier keine Ausnahme: Mehr noch als in der personellen Zusammensetzung ihres Vorstands oder den Beiträgen der viermal jährlich erscheinenden Zeitschrift Die Musikforschung erweisen sich die Programme der seit 1948 abgehaltenen Jahrestagungen, die hier der interessierten Öffentlichkeit als Beitrag zur institutionellen Selbstreflexion wie zur Befruchtung der fachgeschichtlichen Forschung zur Verfügung gestellt werden, als ein getreues Spiegelbild musikologischer „Normal Science“ und deren allmählicher Transformation. Solche Veränderungen betreffen einerseits die Themen des Fachs: Seit den späten 1960er Jahren wird die neuere und neueste Musikgeschichte zu einem etablierten Gegenstand, und Bemühungen zur Repräsentanz neuer Gebiete wie Populärer Musik oder ideologiekritischer Ansätze kündigen sich zaghaft in den 1990er Jahren an.
Ebenso aufschlussreich wie die Themen sind andererseits auch die Formate der Veranstaltungen: Die zwischen den Kongressen liegenden Jahrestagungen der 1950er und frühen 1960er Jahren verlegt man nicht selten in fern der Hochschulwelt gelegene „schöne Städte“: Neben Gremiensitzungen und der Mitgliederversammlung beschränkt sich das wissenschaftliche Programm bisweilen auf einen Festvortrag, der zwischen Konzerten, Besichtigungen oder Busausflügen in die nähere Umgebung der Tagungsstätte steht. Hierauf folgt die von der zweiten Hälfte der 1960er bis in die 1980er Jahre reichende Zeit themenbezogener Tagungen (d. h. neben Vorstands-, Beirats- und Fachgruppensitzungen ein oder zwei zentrale Hauptsymposien) am Standort eines Universitäts- oder Hochschulinstituts. Seit den späten 1980er und 1990er Jahren nähern sich die Jahrestagungen schließlich schrittweise dem gegenwärtig üblichen Format und unterscheiden sich im Wesentlichen nur noch durch ihre Dauer sowie die Zahl der Symposien und Referatssektionen von den alle vier bis fünf Jahre ausgerichteten Kongressen der Gesellschaft. Sofern die Tagungsberichte im Open Access verfügbar sind, werden auch sie hier verlinkt und laden so zu aufschlussreichen Vergleichen mit den ursprünglichen Programmen ein.
Die digitale Veröffentlichung der gesammelten Tagungsprogramme verdankt sich einer zunächst auf der Jahrestagung 2017 in Kassel artikulierten persönlichen Initiative aus dem Kreis der Mitglieder. In einem ersten Schritt realisiert werden konnte sie nun durch die tatkräftige Unterstützung zweier Vorstände der Gesellschaft für Musikforschung, der Geschäftsstelle in Kassel, sowie von Annette van Dyck-Hemming, die Rohdaten zu den Tagungen zusammengestellt, und von Sebastian Bolz, der die Bereitstellung der Materialien auf Zenodo vorgenommen hat.
Für die Zukunft ist eine Vervollständigung der einstweilen bis zur Jahrtausendwende vorliegenden Programme durch die Daten und Dateien bis zur Gegenwart vorgesehen.
Die Tagungen der GfM
- 1946-1949
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Jahr Ort Programm Beitragspublikation 1946 Göttingen [verschoben] 1947 Göttingen Ausbildung-, Studien- und Nachwuchsfragen; Restbestände des Staatl. Institutes für deutsche Musikforschung; Arbeitsbeziehungen zum Ausland, Austausch von Publikationen; Musikdruck (Fachzeitschriftenwesen, musikpraktische und -wissenschaftliche Ausgaben 1948 Rothenburg o. d. T. Ost und West in der Musikgeschichte; Skizzen zu Beethovens Missa solemnis; Nachleben des Minnesangs im liturgischen Spiel in: Die Musikforschung 1 (1948), H. 2/3 - 1950-1959
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- 1960-1969
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- 1970-1979
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- 1980-1989
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- 1990–1999
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- 2000-2009
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Jahr Ort Programm Beitragspublikation 2000 Würzburg Komponieren in der einstimmigen Musik des Mittelalters; Der 'Komponist' Richard Wagner im Blick der aktuellen Musikwissenschaft 2001 Hannover Musik, Wissenschaft und ihre Vermittlung; Musikwissenschaft 2001 – Lehre und Forschung im institutionellen Kontext; Klavier- und Orgelmusik im industriellen Zeitalter (1840–2000) 2002 Düsseldorf Werk-Welten/Werk-Grenzen 2003 Lübeck 'Stunde Null' – Zur Situation der Musik nach 1945; Johannes Brahms und die Musikforschung seiner Zeit 2004 Weimar Musik und kulturelle Identität Musik und kulturelle Identität, hg. v. Detlef Altenburg und Rainer Bayreuther, Kassel u. a. 2012 2005 München Karl Amadeus Hartmann; Anfänge der Musiktherapie in Deutschland 2006 Heidelberg Theater der Mozartzeit; Mozarts Opernwelten; Sinfonie zwischen den Weltkriegen 2007 Köln Selbstreflexion in der Musik|Wissenschaft 2008 Leipzig Musik – Stadt. Traditionen und Perspektiven urbaner Musikkulturen 2009 Tübingen Sprachen und musikalische Gattungen; Schuberts kompositorische Auseinandersetzung mit musikalischen Gattungen - 2010-2019
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- 2020-2022
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Jahr Ort Programm Beitragspublikation 2020 Bonn [verschoben] 2021 Bonn Musikwissenschaft nach Beethoven 2022 Berlin Nach der Norm: Musikwissenschaft im 21. Jahrhundert