Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus. Deutsch-italienische Perspektiven. Workshop für Studierende der Musikwissenschaft

Rom, 10.-11.12.2013

Von Stephanie Klauk, Rom – 01.03.2014 | Gefördert vom DAAD veranstalteten die Universität des Saarlandes und die Università degli studi di Roma Tre gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Institut Rom einen Workshop für deutsche und italienische Studierende zum Thema „Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus". In einer deutsch-italienischen Gruppe von Studierenden und Lehrenden wurde am Beispiel der Instrumentalmusik des 18. und 19. Jahrhunderts Musikwissenschaft und Musikästhetik im Umfeld des deutschen und des italienischen Faschismus thematisiert. Ausgehend von zentralen Aspekten der einzelnen Sektionen sollte neben der Darlegung konkurrierender Positionen der deutschen und der italienischen Musikwissenschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch die These von der Instrumentalmusik der ‚Wiener Klassik' als genuin deutscher Errungenschaft hinterfragt werden.

Der in italienischer Sprache abgehaltene Workshop gliederte sich in Impulsreferate und daran anschließende Plenumsdiskussionen mit den Studierenden. Die erste Sektion zu „Musik, Politik und Kanonbildung" wurde mit einem Impulsreferat von Lutz Klinkhammer (Deutsches Historisches Institut Rom) eröffnet: „Sul ruolo politico della musica nel fascismo" („Zur politischen Bedeutung der Musik im Faschismus"). Im gleichen thematischen Kontext wurden Kurzreferate von fortgeschrittenen Studierenden (Doktoranden bzw. Post-Doktoranden) vorgetragen, die einen Einblick in laufende Forschungsprojekte vermittelten: Tobias Reichard (Hamburg): „Musica italiana e musica tedesca nel ventennio fascista" („Italienische und deutsche Musik im faschistischen Regime"),

Camilla Poesio (Venedig): „Vietato divertirsi. La musica americana, il regime fascista e la Germania" („Vergnügen verboten. Zu amerikanischer Musik, faschistischem Regime und Deutschland") und Antonella Napoli (Rom): „Compositrici italiane ai tempi del fascismo" („Italienische Komponistinnen zur Zeit des Faschismus").

Im zweiten Teil der Sektion „Musik, Politik und Kanonbildung" gab Luca Aversano (Università degli Studi Roma Tre) mit seinem Vortrag „L'idea di ‚classicismo' e la musica strumentale del Settecento. Prospettive italo-tedesche" („‚Klassizismus' und Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts. Deutsch-italienische Perspektiven") den Anstoß zur daran anschließenden Plenumsdiskussion.

Im Mittelpunkt der zweiten Sektion, die auf die beiden Veranstaltungstage verteilt wurde, stand der italienische Musikwissenschaftler Fausto Torrefranca (1883‒1955). Hierzu referierten Jacopo Pellegrini (Rom): „Tra Settecento e Novecento: Fausto Torrefranca e il rovello nazionalistico della musicologia" („Zwischen 18. und 20. Jahrhundert: Fausto Torrefranca und die nationalistischen Spannungen innerhalb der Musikwissenschaft") und Stephanie Klauk (Deutsches Historisches Institut Rom): „Torrefranca e i suoi scritti sull'origine del quartetto d'archi" („Torrefranca und seine Schriften zur Entstehung des Streichquartetts").

In einer dritten Sektion wurden „Musikästhetik und Nationalismus" thematisiert, wobei sich Rainer Kleinertz (Universität des Saarlandes, Saarbrücken) mit seinem Impulsreferat der deutschen Musikästhetik widmete („L'‚idea di musica assoluta': una mistificazione germanica?" / „Die ‚Idee der absoluten Musik': eine deutschnationale Mystifikation?"), während Giovanni Guanti (Università degli Studi Roma Tre) einen Überblick über das italienische Pendant lieferte: „Crisi della coscienza musicale europea: la prospettiva italiana (1927‒1944)" („Die Krise des europäischen Musikbewusstseins aus italienischer Perspektive 1927‒1944"). Die Diskussionsteilnehmer waren: Luca Campanale (Cremona), Rosalia Capitanio (Rom), Matteo Cossu (Cremona), Florian Feller (Freiburg), Miriam Henzel (Heidelberg), Hanna Knötzele (Heidelberg), Mikhail Kuchersky (Essen), Jonas Löffler (Basel), Federica Marsico (Cremona), Elena Oliva (Florenz), Denise Paul (Freiburg), Christiane Peterlein (Mainz), Francesco Ragni (Rom), Judith Raspe (Würzburg), Sarah Schulmeister (Wien), Robbi Teichfischer (Halle), Alessandro Turba (Mailand), Lana Zickgraf (Hamburg), Silvia del Zoppo (Mailand), Benedetta Zucconi (Bern).

Der Workshop war Anlass, über neue Forschungsperspektiven zur Musik und zur Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus nachzudenken und den interkulturellen sowie interdisziplinären Austausch zwischen deutschen und italienischen Studierenden und Fachkollegen zu fördern. Eine Publikation mit Beiträgen der Lehrenden und Studierenden sowie eine Auswahl von relevanten Texten aus dem Umfeld des Faschismus ist für 2014 in den Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft vorgesehen.